Sauerland oder Südwestfalen
"Als Sauerländer musste man in der Vergangenheit vieles mitmachen und ertragen. Umgekehrt muss man aufgrund seiner Eigenarten sicherlich auch häufig ertragen werden. Zugegeben, der Begriff Sauerland birgt nicht nur positive Aspekte und erinnert häufig an ländliche Klischees wie Schützenfeste und christdemokratische Mehrheiten. Formuliert man diese mit einem stark gerollten „R“ und garniert die Satzendungen mit einem halbfragenden „woll“ wird jeder wissen welche Region gemeint ist. Das Sauerland ist eine echte Kultmarke, sowohl im Positiven als auch im Negativen. Die bodenständigen Eigenarten manch eingeborener Originale stehen im Einklang mit den weltoffenen Tätigkeitsfeldern der heimischen Wirtschaft. Eine vielseitige Basis, die man aus dem Bauch heraus nur unter dem Begriff „Sauerland“ zusammenfassen kann und möchte. Degradiert man das Sauerland zu einer reinen Tourismusmarke, so verkauft man diese Vielseitigkeit für ein fragwürdiges Standortkonzept und entwertet die über Jahre gewachsene Marke für einen sehr hohen Preis.
Die neue Marke „Südwestfalen“ soll nicht nur schöner, größer und erfolgreicher sein, sondern gleichzeitig auch alle negativen Aspekte des Sauerlands überdecken. Gerade als Wirtschaftsregion könnte „Südwestfalen“ aufgrund der höheren Strahlkraft bessere Ergebnisse erzielen als das hinterwäldlerische Land der 1000 Berge. Südwestfalen sei sowohl national als auch international besser zu vermitteln als das kleine, aber wichtige Puzzlestück zwischen Ruhr und Lenne. In Teilen mag diese Argumentation sicherlich stimmen und das „Südwestfalen-Konzept“ auch viele Vorteile für die Menschen in der Region bringen, dennoch sollte man gewisse Entwicklungen durchaus skeptisch beäugen.
Die gute Nachbarschaft der fünf südwestfälischen Kreise (HSK,MK,SO,OE,SI) fand im Zusammenschluss zur Region „Südwestfalen“ für die Umsetzung von Projekten im Rahmen der Regionale 2013 zu einer guten Basis. Für diesen Schritt kann man den Landräten großes Lob zusprechen, da nur auf diese Weise viele zum Teil sinnvolle Projekte mit Fördergelder des Landes umgesetzt werden konnten und können. Auch als Sauerländer sollte man die positiven Entwicklungen und die Kooperation mit den Nachbarregionen unterstützen und somit für ein starkes Südwestfalen einstehen.
Die Politik macht jedoch einen großen Fehler, wenn sie nun alle Kraft auf den Umbau der traditionellen Regionen zum Kunstkonstrukt „Südwestfalen“ verwendet und das Sauerland bewusst ins Abseits stellt oder degradiert, anstatt auch diese gewachsene Marke weiterhin mit allen Mitteln in vielen Bereichen zu stärken.
Klartext: Als weltoffener Sauerländer akzeptiere ich Südwestfalen und will auch gerne manche Bestrebungen unterstützen solange man es nicht übertreibt. Südwestfalen wirkt aber auch ein wenig wie der kleine Bruder von Ostwestfalen. Sollten wir es künftig darauf anlegen ebenfalls die Regionen Nordwestfalen und Westwestfalen aus dem Boden zu stampfen, so sollten wir auch genügend Kompasse verteilen um überhaupt gefunden zu werden. Eine Region mit zwei Himmelsrichtungen im Namen gibt einfach keine klare Richtung vor. Ein kantiges Sauerland und ein griffiges Siegerland lassen sich aus dem Bauch heraus einfach besser vermarkten. In der heutigen Zeit sind es die Menschen, welche als effektivster Werbeträger dienen. Nicht nur über soziale Netzwerke lässt sich so ein gutes Gefühl leichter übertragen und ist somit viel günstiger und auch erheblich glaubwürdiger als riesige Hochglanzkampagnen manch teurer Agenturen. Ich kenne kaum jemanden, der sich als Südwestfale fühlt und dieses Gefühl auch gerne verbreiten möchte. Ich kenne hingegen mehr als 1000 Sauerländer mit diesem Gefühl, die sich nur ungern ein neues Konzept zulasten ihrer gestandenen Marke aufdrängen lassen möchten.
Wollen wir im demographischen Wandel bestehen, müssen wir auch dem Nachwuchs der Region schnellst- und frühestmöglich die Vorteile der Heimat (Homebase) näher bringen. In diesem Prozess ist es sicherlich von Vorteil auf eine bekannte Marke (Sauerland) zu setzen und diese auszubauen. Als ich vor einigen Wochen in einer Marsberger Schule zu Gast sein durfte um für unser Projekt zu werben, konnten die Achtklässler zwar einiges mit dem Begriff „Sauerland“ anfangen, hatten aber durchaus Probleme sich mit diesem zu identifizieren, weil große Teile der Region noch recht unbekannt waren. Wie soll man da mit einer noch neueren Marke punkten, die für eine solche Zielgruppe noch viel weiter entfernt liegt? Für ein solches Unterfangen fehlt es an Zeit und Nähe.
Daher stehen wir natürlich auch mit HomebaseSauerland in erster Line für unser Sauerland und erst danach geschlossen und positiv für ein starkes „Südwestfalen“, woll !?"
(von Andreas Jansen)