Josefsheim Bigge vor demographischer Herausforderung
Bigge/Olsberg. Der demografische Wandel und seine Auswirkungen auf die Region – das ist inzwischen kein Randthema mehr. Der Bevölkerungswandel wird das Sauerland in den kommenden Jahrzehnten grundlegend verändern. Sowohl die Sozialstrukturen in den Städten und Dörfern sind davon betroffen als auch die heimischen Unternehmen. „Um dem demografischen Wandel zu begegnen, müssen wir schon heute handeln“, sagt Hubert Vornholt, Geschäftsführer des Josefsheims Bigge. Das Josefsheim ist ein Dienstleister für mehr als 750 Menschen mit Körper-, Lern- und Sinnesbehinderungen. „Nur wenn es uns gelingt, ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben, werden wir auch in Zukunft die Qualität unserer Angebote und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung aufrecht erhalten können“, erläutert Vornholt.
Die Rahmenbedingungen des demografischen Wandels sind bekannt: Immer mehr älteren Menschen wird zukünftig immer weniger Nachwuchs gegenüber stehen. Junge Erwachsene wandern aus ländlichen Regionen wie dem Sauerland ab, zum Beispiel um in den Städten zu studieren. Nur wenige kommen anschließend zurück. Die Folge: ein Fachkräftemangel, der zum Teil schon heute spürbar ist.
Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, hat das Josefsheim im vergangenen Jahr verschiedene Projekte auf den Weg gebracht. Unter anderem das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Zunächst wurden Mitarbeiter und Menschen mit Behinderung zu ihrer Arbeitszufriedenheit befragt. „Nun sind wir dabei, aus diesen Erkenntnissen Maßnahmen abzuleiten, die dauerhaft in unseren betrieblichen Abläufen und Strukturen verankert werden“, erläutert Projektleiterin Julia Cornelius. „Ziel ist es, zufriedene Mitarbeiter dauerhaft an das Josefsheim zu binden und neue Mitarbeiter zu gewinnen – und damit den Erfolg des Unternehmens dauerhaft zu sichern.“
Eine weitere Maßnahme zur Bewältigung des demografischen Wandels ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement. „Für langzeiterkrankte Mitarbeiter ist es ist der Weg zurück in den Beruf“, sagt Nadja Kohlwey, erste zertifizierte Disability Managerin des Josefsheims.
Betriebliches Eingliederungsmanagement ist im Gesetz verankert. Laut neuntem Sozialgesetzbuch (SGB IX) muss ein Arbeitgeber tätig werden, wenn ein Mitarbeiter länger als sechs Wochen am Stück oder insgesamt sechs Wochen innerhalb eines Jahres krankheitsbedingt ausfällt. Zum Beispiel kann es darum gehen, Reha-Bedarfe frühzeitig zu erkennen oder den Arbeitsplatz an die Bedürfnisse des Mitarbeiters anzupassen. „Geschieht das möglichst frühzeitig, kann der Mitarbeiter an den Arbeitsplatz zurückkehren und bleibt dem Unternehmen erhalten“, sagt Nadja Kohlwey. Studien haben gezeigt, dass Unternehmen mit einer Verringerung von Fehlzeiten bis zu 30 Prozent Kosten sparen können.
Seit Mitte August dieses Jahres steht der heilpädagogische Kindergarten des Josefsheims den Mitarbeitern auch als Betriebskindergarten offen. Es gibt derzeit zehn Plätze, die ersten vier davon sind bereits besetzt. „Familie und Beruf sollen im Josefsheim gut miteinander vereinbar sein“, sagt Hubert Vornholt. Der Kindergarten ist werktags von 6 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Somit wissen die Mitarbeiter im Schichtdienst ihre Kinder auch in den so genannten Randzeiten gut betreut. „Das Miteinander von Kindern mit und ohne Behinderung ist ein Schwerpunkt unserer pädagogischen Arbeit“, sagt Kindergartenleiterin Silvia Gerdun. „Wir leben Inklusion in unserem Alltag.“
Als Chance für Menschen mit Behinderung sieht Josefsheim-Geschäftsführer Hubert Vornholt den demografischen Wandel. „Noch haben manche Arbeitgeber möglicherweise Vorbehalte. Doch zukünftig werden gut qualifizierte Menschen mit Behinderung wegen des Fachkräftemangels bessere Jobperspektiven haben.“ Das Josefsheim bietet diesen Menschen eine Ausbildung in mehr als 30 Berufen und berufliche Bildung im Rahmen der Werkstatt für behinderte Menschen.